Ein rot-weißer Pfosten steht in der Mitte eines schmalen Weges, der auf der Krone eines Damms entlangführt.

Psychopharmaka / Psychexit

Psychexit – Veranstaltungsreihe zur Entwicklung eines Kompendiums „Kompetente Hilfe beim Absetzen von Antidepressiva und Neuroleptika“

Konsumenten von Psychopharmaka werden oft im Stich gelassen, wenn sie sich entschließen, ihre Medikamente absetzen zu wollen. Mediziner und Psychiater sind erfahren in der Gabe von Psychopharmaka, doch mit der Reduktion oder dem Absetzen von Psychopharmaka sind viele (noch) nicht vertraut. Um diese Lage zu beheben, hat sich eine Arbeitsgruppe in Berlin gegründet mit dem Ziel, erste Schritte zu einem Kompendium zu erarbeiten, um auf Grundlage gesicherten Wissens und in Kenntnis bestehender Unwägbarkeiten Patientinnen und Patienten bei ihrer Entscheidungsfindung kompetent zu helfen.

Die Arbeitsgruppe Psychexit besteht aus einer Handvoll unabhängiger Aktivistinnen und Aktivisten, namentlich Iris Heffmann, Peter Lehmann, Andreas Liebke und Reinhard Wojke (✝) sowie Gaby Sohl. Seit 2016 lädt die AG Experten aller Perspektiven zum Dialog ein, um medizinische pharmakologische, rechtliche, strukturelle, soziale und ethische Fragen zu erörtern. Von Beginn an unterstützt der ApK Berlin die Initiative und ist seit 2020 Kooperationspartner.

Als weiterer Projektpartner engagiert sich auch seit 2020 der Verein Kellerkinder e.V., der neben seiner inhaltlichen Expertise vor allem die Verantwortung für die technische Umsetzung trägt.

Die Dokumentation der Expertenrunden 2016-2022 sind auf folgenden Homepages zu finden:
www.absetzen.info und http://www.peter-lehmann.de/psychexit.htm

Expertenrunde 2020-2022 - Kompetente Hilfe beim Absetzen von den Psychopharmaka – aber wie?
Eine Kooperation von den Angehörigen psychisch erkrankter Menschen Berlin und der Arbeitsgruppe Psychexit, in Zusammenarbeit mit dem Verein Kellerkinder e.V.

Die Veranstaltung wurde gefördert vom Paritätischen Wohlfahrtsverband Berlin e.V.

Expertenrunde 7 | 2022 - Unterstützung bei Absetzwünschen von Psychopharmaka als menschenrechtliches Anliegen

Menschen mit psychiatrischen Diagnosen werden in aller Regel nicht wie rechtlich vorgeschrieben umfassend über unerwünschte Wirkungen von Antidepressiva und Neuroleptika aufgeklärt. Insbesondere werden sie nicht über mögliche, beim späteren Reduzieren und Absetzen der Psychopharmaka auftretende Absetz- und Entzugserscheinungen und Wege zum risikovermindernden Reduzieren und Absetzen aufgeklärt. Oft kennen Ärztinnen und Ärzte nicht den Unterschied zwischen Entzugsproblemen und sogenanntem echten Rückfall. Dies führt dazu, dass hunderttausendfach Psychopharmaka wieder angesetzt und weiterverschrieben werden, was zu Toleranzbildung, Wirkungsverlust, Tachyphylaxie, Behandlungsresistenz und Supersensitivitätsproblemen führt und neue Absetzversuche immer schwieriger macht.

Auf all diese Probleme hat jüngst wieder Prof. Dr. med. Gerhard Gründer vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (Mannheim) in seinem Buch „Psychopharmaka absetzen? Warum, wann und wie?“ (Verlag Urban & Fischer in Elsevier 2021) aufmerksam gemacht. Gerade unter seiner Kollegenschaft sei die Haltung verbreitet, man solle besser nicht über unerwünschte Wirkungen und Risiken von Psychopharmaka aufklären, ansonsten würden die Patientinnen und Patienten deren Einnahme ablehnen. Die Ergebnisse dieser Haltung sind fatal - nicht nur für das Vertrauensverhältnis zwischen Ärzt*innen und Patient*innen, sondern vor allem für die Gesundheit der Patientinnen und Patienten.

Sie werden ihres Selbstbestimmungsrechts beraubt – eines Menschenrechts, auf das sich jede*r nach Artikel 2 GG berufen kann. Hersteller liefern nicht dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis entsprechende oder ungenügende Informationen über Entzugsprobleme. Betroffene werden bei sogenannter Non-Compliance aus der Praxis verwiesen und mit Entzugsproblemen, die besonders bei längerer Einnahmezeit entstehen, alleine gelassen. Eine durch die Krankenkassen finanzierte strukturierte professionelle Unterstützung beim Absetzen erhalten absetz- und reduzierwillige Betroffene nicht. Außerdem ist auch nicht zu erkennen, dass sich Ärzt*innen für eine zugängliche Aufklärung und deren flächendeckende Finanzierung einsetzen. Ausschließlich mit Selbsthilfe diese Probleme zu lösen, die Ärzt*innen strukturell verursachen, ist unmöglich und nicht hinnehmbar. Diese massiv unzureichende Ausgangssituation stellt nicht nur ein medizinisches, pharmakologisches, therapeutisches, rechtliches und ethisches Problem dar, sondern ebenso eine strukturell bedingte Menschenrechtsverletzung.

Zoom-Konferenz mit den Referentinnen und Referenten Dr. jur. Sabine Bernot, Dr. phil. Dipl.-Psych. Anna Emmanouelidou, Prof. Dr. med. Gerhard Gründer, Prof. Dr. med. Georg Juckel, Prof. Dr. med. Sebastian von Peter

Den Flyer können Sie hier einsehen.
Das von Gudrun Weißenborn verfasste Grußwort ist hier zu lesen.
Das von Peter Lehmann verfasste Gruß- und Schlusswort ist im Netz zu lesen unter http://www.antipsychiatrieverlag.de/info/psychexit/7/psychexit7-grusswort-pl.pdf bzw. http://www.antipsychiatrieverlag.de/info/psychexit/7/psychexit7-schlusswort-pl.pdf.
Die Videoaufzeichnung einzelner Themen können hier abgerufen werden:
https://www.absetzen.info/2023/01/04/7-expertenrunde-psychexit

Expertenrunde 6 | 2021 – Vom Modell(projekt) zur Regelversorgung – Der Gesundungsprozess des Absetzens von Psychopharmaka braucht eine reguläre solidarische Krankenkassenfinanzierung

Mit dem Wissen um die behandlungsbedingten (Folge-)Erkrankungen stellt sich die Frage, wie Krankenkassen ihrer Aufgabe nachkommen, die Gesundheit der mit Psychopharmaka behandelten Menschen zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu verbessern. Und was kann die Krankenkasse unternehmen, um die Versicherten über behandlungsbedingte Risiken aufzuklären, nachdem ärztlicherseits eine umfassende Aufklärung über Risiken, Schäden und Alternativen zu wünschen übrig lässt.
Diese sechste Expertenrunde wurde als Thinktank geplant. In der Diskussion mit KrankenkassenvertreterInnen, Mitgliedern der Gesundheitsverwaltung, PolitikerInnen, Jurist*innen, GesundheitökonomInnen, ÄrztInnen, Angehörigen und Betroffenen sollte herausgefunden werden, wo und wie Hebel anzusetzen sind, damit Krankenkassen Menschen in der Weise unterstützen, um diese aus der Spirale immer neuer Psychopharmakaverschreibungen und zunehmender Behandlungen immer neuer psychopharmakabedingter Erkrankungen herauszukommen.
Beginnend mit vier Statements zum Status Quo und zu den Ziele in der Akzeptanz/Finanzierung des Absetzens von Psychopharmaka haben weitere 7 Referent*innen und 35 Teilnehmenden zu folgenden Themenbereichen diskutiert:

1. Die gesundheitsökonomischen Baustellen auf dem Weg zum Ziel
2. Auf dem langen Weg zur Regelversorgung - Wo geht's lang?
3. Unterstützungswege beim Absetzen: Schritt für Schritt

Den Flyer können Sie hier einsehen.
Die Videoaufzeichnung einzelner Themen können hier abgerufen werden:
https://www.absetzen.info/2021/12/18/6-expertenrunde-psychexit
Mit einem Nachruf der Psychexit-AG auf Reinhard Wojke:
https://www.antipsychiatrieverlag.de/arti­kel/selbst­hilfe/rein­hard­/wojke­.htm#­psychexit

Expertenrunde 5 | 2020 - Niederschwellige ambulante, teilstationäre und stationäre Hilfen für Menschen, die beim Absetzen ihrer Psychopharmaka in eine Krise geraten.

So lautete das Thema der Veranstaltung, die am 11. Dezember 2020 im Rahmen der Psychexit-Initiative »Kompetente Hilfe beim Absetzen von Antidepressiva und Neuroleptika« als Zoom-Konferenz stattfand. Gaby Sohl von der taz Berlin moderierte auch diese fünfte Konferenz-Auflage bewährt. Julia Lippert von den Kellerkindern sorgte (nicht nur) für einen reibungslosen technischen Ablauf und die Video-Aufzeichnung. Auch ihr Beitrag aus persönlichem Erleben im Umgang mit Psychopharmaka ist bemerkenswert. Eindrücklich waren ebenfalls die Schilderungen von Yvonne Mahling in der (persönlichen) Begleitung eines Menschen im Umgang mit Psychopharmaka.
Als Referenten sprachen Volker Edelmann (Facharzt in der Psychiatrischen Institutsambulanz des Vivantes Wenckebach Klinikums Berlin) mit dem Vortrag »Reduktion und Absetzen von Psychopharmaka aus Sicht der Psychiatrischen Institutsambulanz: Chancen und Risiken«, Stefan Weinmann (Chefarzt der Psychiatrischen Klinik des Rudolf-Sophien-Stiftes in Stuttgart) mit »Hilfen beim Absetzen von Psychopharmaka – Wunsch und Realität« und Martin Zinkler (Chefarzt an der Psychiatrischen Klinik Heidenheim) mit »Wir unterstützen unsere Patienten beim Reduzieren oder Absetzen von Neuroleptika«.

Den Flyer können Sie hier einsehen.
Die Videoaufzeichnung einzelner Themen können hier abgerufen werden:
https://www.absetzen.info/2021/02/04/5-expertenrunde-psychexit/

Knapp 70 Personen nahmen an der dreistündigen Veranstaltung teil. Dank der guten Resonanz planen wir gemeinsam mit der AG-Psychexit und den Kellerkindern die nächste Veranstaltung für Herbst 2021.